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Auslegungsfrage: Einräumung eines Bezugsrechts an den "verwitweten Ehegatten"
Der Fall
Die Klägerin war bis zur Scheidung am 29.04.2010 mit dem Erblasser verheiratet. Im Oktober 2006 hatten die beiden gemeinsam Grundbesitz erworben. Der Kaufpreis wurde u.a. finanziert durch Aufnahme eines gesamtschuldnerischen Darlehns von 106.000 EUR, zu dessen Absicherung die beiden damaligen Ehegatten Risikolebensversicherungen bei der Beklagten abschlossen hatten. Als bezugsberechtigte Person "für alle tariflichen Leistungen und für die Überschussanteile nach dem Tod der versicherten Person" wurde wechselseitig angegeben: "verwitweter Ehepartner".
Die Ehe wurde am 29.04.2010 geschieden. Danach blieben die Klägerin und der Erblasser je hälftige Miteigentümer des erworbenen Grundbesitzes und hafteten für die aufgenommenen Darlehn weiter gesamtschuldnerisch.
Der Erblasser heiratete im Jahr 2014 die Streithelferin der Beklagten. Nach seinem Tod wurde er von dieser beerbt. Nachdem die Streithelferin gegenüber der Beklagten die Kündigung der Versicherungsverträge ausgesprochen hatte, zahlte die Beklagte die Versicherungsleistung an die Streithelferin aus. Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten die Auszahlung der Versicherungsleistung auf dem Klageweg.
Die Entscheidung
Das OLG Hamm entschied, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auszahlung der Todesfallleistung aus der von dem verstorbenen Ehegatten abgeschlossenen Risikolebensversicherung gem. §§ 328, 331 BGB i.V.m. § 159 VVG zustand. Die Klägerin war nach Auslegung des Risikolebensversicherungsvertrages als Bezugsberechtigte des Vertrages anzusehen.
Maßgeblich ist der bei der Festlegung des Bezugsrechts vorhandene und dem Versicherer gegenüber zum Ausdruck gebrachte Wille des Versicherungsnehmers. Spätere Umstände sind grundsätzlich unerheblich. Insbesondere bleiben nachträgliche Überlegungen oder Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers außer Betracht, wenn sie dem Versicherer nicht so mitgeteilt worden sind, dass dieser nach objektivem Empfängerhorizont den Inhalt einer etwaigen Bezugsrechtsänderung erkennen kann.
Die Klägerin und der Erblasser hatten wechselseitig jeweils den "verwitweten Ehepartner" als Bezugsberechtigten eingesetzt. Die Risikolebensversicherungen waren zudem in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Darlehnsaufnahme für den Erwerb des damals von den Ehegatten erworbenen Hauses abgeschlossen worden. Sie sollten somit zum damaligen Zeitpunkt der Absicherung der Hausfinanzierung für den Fall des Todes eines Ehegatten dienen.
Danach sprachen die Umstände bei Abschluss der Lebensversicherung dafür, dass der Erblasser die zum damaligen Zeitpunkt mit ihm verheiratete Klägerin als Bezugsberechtigte einsetzen wollte.
Allein aus der Wahl des Wortes "Ehepartner" konnte hier nach Meinung des OLG nicht darauf geschlossen werden, dass der Versicherungsnehmer nicht die zum Zeitpunkt der Erklärung mit ihm verheiratete Klägerin, sondern allgemein diejenige Person begünstigen wollte, die zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm verheiratet sein würde. Auch im Hinblick auf das Wort "verwitwet" kommt es nämlich allein auf das Verständnis des Ehemanns zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung an, wie es sich nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) der Beklagten darstellte.