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Das Arbeitsgericht auf Betriebsrentensuche: Weg ist nicht weg!
Nun "grätschte" das Bundesarbeitsgericht (BAG, 26.04.2018 - 3 AZR 738/16) in einen Versorgungsausgleich, bei dem es - nach Ermittlung des Familiengerichts - keine Anrechte mehr gab und wurde "fündig".
Der Fall
Das Familiengericht hatte routinemäßig bei der Scheidung den Arbeitgeber des Arbeitnehmers per Standard-Fragebogen angefragt, ob es Anrechte auf eine Betriebsrente gib. Der Arbeitgeber hatte dies verneint und mitgeteilt, er habe die Anwartschaft widerrufen. Da es aus Sicht des Familiengerichts nichts zu teilen gab, wurde auch nichts geteilt. Mit Rechtskraft der Scheidung (2013) war da-mit der Versorgungsausgleich erledigt.
Doch der Ausgleichspflichtige strengte, als er in Rente ging, außerhalb des Versorgungsausgleichs ein neues Verfahren an. Denn er hatte eigentlich die unverfallbare Zusage auf eine Betriebsrente vor der Scheidung. Durch die Manipulation der Bücher seines Arbeitgebers klaute er mindestens 50 komplette Radsätze und verkaufte diese an Dritte. Deshalb wurde er 2004 wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und Hehlerei zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Arbeitgeber widerrief die Zusage auf eine Betriebsrente und berief sich auf eine Widerrufsklausel in der Versorgungsordnung. Die lautete wie folgt:
"(1) Die DCAG und die DCUK behalten sich vor, Anwartschaften und laufende Leistungen einzustellen oder zu widerrufen, wenn der Mitarbeiter bzw. Leistungsempfänger Handlungen zu Lasten der DCAG/DCUK begeht oder begangen hat, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen.
Dies gilt insbesondere, wenn die DCAG oder die DCUK durch rechtswidrige Handlungen, derentwegen eine rechtskräftige Verurteilung erfolgte, erheblich geschädigt wurde oder der Begünstigte die Anspruchsvoraussetzungen in einer als Missbrauch zu wertenden Weise herbeigeführt hat, sodass der DCAG bzw. der DCUK die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Betrachtung der Belange des Begünstigen nicht zugemutet werden kann.
(2) Diese Widerrufsklausel gilt entsprechend für unverfallbare Anwartschaften.
(3) Die Entscheidung über den Widerruf nach Absatz 1 und 2 erfolgt durch den Beirat."
Der Beirat entschied nach 2005, die Betriebsrentenanwartschaft des ausgeschiedenen Mitarbeiters zu widerrufen.
Der ehemalige Mitarbeiter klagte nun auf seine Betriebsrente. Der Widerruf sei unwirksam. Denn der Schaden, der er zu verantworten hatte, sei nicht existenzgefährdend.
Das Urteil
1.Als Leitsatz formulierte der 3. Senat des BAG: "Die materielle Rechtskraft eines familiengerichtlichen Beschlusses über den Versorgungsausgleich erfasst nicht die Vorfrage, ob und in welchem Umfang einem der Ehegatten gegen seinen Arbeitgeber oder einen externen Versorgungsträger künftige Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zustehen."
2.Gar nicht überraschend prüfte das BAG, ob die von ihm aufgestellten Kriterien für einen Widerruf erfüllt waren ("Rechtsmissbrauch"). Das war nicht der Fall. Also steht dem Rentner auch die Betriebsrente zu.
Fazit
1.Der Arbeitgeber hatte pflichtgemäß Auskunft erteilt und mitgeteilt, dass er die Zusage "widerrufen" habe.
2.Es überrascht, dass weder das Gericht von Amts wegen noch der Rechtsanwalt der Ausgleichsberechtigten die Auskunft des Arbeitgebers hinterfragte. Denn die Rechtsprechung des BAG zum Widerruf ist seit Jahren - mit sehr hohen Hürden für den Arbeitgeber - gefestigt.
3.Der Ausgleichspflichtige kann nun die Betriebsrente in vollem Umfang genießen und braucht sie nicht mit seiner "Verflossenen" zu teilen. Denn die Scheidung ist rechtskräftig und damit erfolgt auch kein Wertausgleich für vergessene, verschwiegene oder übersehene Rentenansprüche.