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Produkthaftung wegen unzureichender Gebrauchsanleitung
Der Fall
Die Klägerin hatte in einem Drogeriemarkt ein "Gesicht Haarentfernungs-Creme Set" der beklagten Herstellerin für 7,95 EUR erworben. Den in der Gebrauchsanweisung verlangten Vortest hatte sie durchgeführt, ohne dass negative Wirkungen erkennbar waren. Ihre Haut wies auch sonst keine Vorschäden auf.
Am Folgetag trug die Klägerin dann eine größere Menge der Enthaarungscreme auf Wangen, Kinn und Oberlippe auf und verfuhr gemäß dem Hinweis in der Gebrauchsanweisung. In der Nacht entwickelte sich an den Stellen, an denen die Creme aufgetragen worden war, ein heftiger, blutender Ausschlag.
Am nächsten Morgen rief die Klägerin in einer Hautarztpraxis an, bekam aber erst zehn Tage später einen Termin. Sie befolgte den Rat des Arztes, die betroffenen Stellen sofort zu kühlen und keine Salben zu verwenden. Sa sie sich für ihren Ausschlag schämte, verließ die Klägerin 17 Tage lang nicht das Haus.
Der gerichtliche Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die Klägerin durch die Enthaarungscreme eine irritative Reaktion der Haut erlitten hatte, weshalb eine Laserbehandlung erforderlich wurde.
Die Klägerin begehrte Ausgleich der entstandenen Heilbehandlungskosten sowie Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 2.000 EUR.
Die Entscheidung
Das LG Heidelberg gab der Klage statt. Das Gericht ging von einem Produktfehler i.S.v. § 3 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz (ProdHG) aus. Nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG liegt ein Produktfehler vor, wenn das Produkt nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Maßgebliche Sicherheitserwartungen sind die des Personenkreises, der mit dem Produkt in Berührung kommt. Das waren vorliegend Endverbraucher, für die erhöhte Sicherheitsanforderungen - auch bei der Instruktion - gelten.
Zwar dürfe ein verständiger Verbraucher keine völlige Gefahrlosigkeit erwarten. Bei einem erfolgreichen bzw. unauffälligen Vortest dürfe er aber mangels entsprechender weiterer Warnhinweise davon ausgehen, dass in der Gebrauchsanweisung beschriebene mögliche Hautirritationen nunmehr auch bei großflächiger Anwendung nicht auftreten.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hatte sich herausgestellt, dass es selbst bei Beachtung der Gebrauchsanweisung bei bestimmten Personen - wie der Klägerin - im Anschluss an die Nutzung der Creme zu starken Hautirritationen kommen konnte. Auf diese verbleibende Gefahr hatte die beklagte Herstellerin nicht hingewiesen. Deshalb lag nach Ansicht des Gerichts ein Instruktionsfehler vor, der eine Haftung der Klägerin nach dem ProdHG begründete.
Was den Schmerzensgeldanspruch (§ 8 Satz 2 ProdHaftG) in Höhe von 2.000 EUR betraf, waren bei dessen Bemessung auch Faktoren wie der Verlust an Lebensfreude und etwaige Dauerfolgen der Verletzung von Bedeutung.