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Umdeckungen von Lebensversicherungen: Neues BGH-Urteil
Hintergrund
Der BGH hat sich in der letzten Zeit mehrfach mit dem Thema befasst. Zum Beispiel mit dem Urteil vom 13.11.2014 - III ZR 544/13 (wir berichteten):
Leitsatz:
"Bei einem Wechsel der Lebensversicherung muss der Versicherungsvermittler (hier: Versicherungsvertreter) seinen Kunden (Versicherungsnehmer) insbesondere auf die Folgen und Risiken der vorzeitigen Kündigung einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hinweisen."
Mit dem aktuellsten Urteil zu dieser Sachlage (26.07.2018 - I ZR 274/16) kommt der BGH nun zu einem ähnlichen Ergebnis, das die Anforderungen an den Umfang der Aufklärung des jeweiligen Anlegers durch den Berater weiter erhöht.
Das Gericht moniert in diesem neueren Urteil, dass der Vermittler keinen "Vergleich des angeratenen neuen Modells mit den bereits abgeschlossenen Lebensversicherungen hinsichtlich der Rentabilität oder Wirtschaftlichkeit angestellt und den Kläger auch nicht auf die Möglichkeit einer Vergleichsbetrachtung hingewiesen" habe. Das läuft auf eine Vergleichsberechnung hinaus und das dürfte für klagende Anleger das Problem und für betroffene Vermittler langfristig eher die gute Nachricht sein.
Ist vollständige Aufklärung im Sinne der Forderungen des BGH überhaupt möglich?
Wie solche Vergleichsberechnungen in der Praxis aussehen sollen, ist unklar. Vermittler, die auch nur im Ansatz versuchen, die entsprechend den Forderungen des BGH in den beiden Urteilen über alle Risiken ihrer Umdeckungsempfehlung (Ablaufleistung, Kosten und Steuervorteile), inklusive der nun geforderten Vergleichsrechnung, aufzuklären und dies (auch das eine Forderung des BGH) entsprechend dokumentieren, dürften meist an der Ablehnung des Kunden scheitern. Alleine die in diesem Falle unumgängliche Beschreibung der Zillmerung dürfte für die meisten Kunden ein Grund zur Ablehnung des Vorschlages sein.
Da im Schadenersatzprozess eine Schadenfeststellung unumgänglich ist, der Schaden aber wegen der teilweisen Intransparenz von Lebensversicherungsverträgen nicht präzise ermittelt werden kann, könnten Schadenersatzprozesse in Fällen von Umdeckungen im Sande verlaufen.
Ob in der Zukunft eine bei Gericht angesehene Institution, wie zum Beispiel eine große Wirtschaftsprüfungskanzlei oder ein wissenschaftliches Institut ein Modell zur Schadenberechnung erstellt, dürfte für den Normalsterblichen uninteressant sein, weil die entsprechende Berechnung wahrscheinlich nur gegen ein im Verhältnis zum Schaden hohes Honorar angefordert werden könnte, was wiederum das Kostenrisiko in für diese Anlegergruppe häufig untragbare Höhen schrauben dürfte.
Fazit
In dem neueren Urteil hat der BGH das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, weil der "Vermögensschaden nicht schlüssig dargetan" worden sei. Dem klagenden Anleger nutzt also die für ihn eigentlich positive Entscheidung des BGH so lange nichts, wie es ihm nicht gelingt, den Vermögensschaden "korrekt" zu ermitteln. Man darf gespannt sein, ob und wie ihm das gelingt.
Dieser Beitrag wurde erstellt von Helmut Kapferer.