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Britische Lebensversicherung und Brexit: Die Optionen für Ihre Verträge
Brief beunruhigt Leser
Post von britischen Lebensversicherern sorgte bei vielen unserer Leser in den vergangenen Wochen für Unruhe: "Aufgrund des geplanten Austritts des Vereinten Königreichs aus der EU müssen wir Änderungen vornehmen, um jetzt und in Zukunft mit Ihnen Geschäftsbeziehungen pflegen zu können", heißt es zum Beispiel im Schreiben des Anbieters Standard Life an mehr als 500 000 Kunden im deutschsprachigen Raum. Ähnliche Schreiben sandten auch Clerical Medical, Friends Provident (als Marke der Aviva-Gruppe) und Royal London an Versicherte.
Brexit sorgt für Unsicherheit
Der Brexit ist eine Premiere, die Rechtsfolgen in vielen Fällen nicht ganz klar. Besonders wenn es bei den Verhandlungen zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) nicht pünktlich zu ausreichenden Regelungen kommt. Dann drohen die Lebensversicherungs-Verträge ungültig zu werden. Laut Finanzministerium sind die Bundesregierung und die Finanzaufsicht deshalb dabei, den Fall des ungeregelten Austritts so vorzubereiten, dass es im Finanzbereich nicht zu größeren Einschränkungen käme.
Standard Life und Co sorgen vor
Auch die britischen Lebensversicherer selbst haben vorgesorgt: Sie wollen die Policen von EU-Bürgern auf bestehende oder neu gegründete Tochtergesellschaften in Luxemburg oder Irland übertragen. So würden sie weiter EU-Recht unterliegen und wären nicht von drohenden Unsicherheiten rund um den Brexit betroffen. Standard Life, Aviva (Friends Provident) und Royal London (Übertrag nach Irland) sowie Clerical Medical (Übertrag nach Luxemburg) informieren ausführlich im Internet. Canada Life wird zwar auch oft als britische Lebensversicherung geführt, hat ihren Sitz aber bereits in Irland.
Insolvenzschutz nach Übertragung schwächer
Für die Versicherten soll sich in puncto Ansprechpartner und Zahlungsflüssen vorerst nichts ändern. Anders beim Insolvenzschutz: "Bitte beachten Sie unbedingt, dass Ihr Versicherungsvertrag (...) nicht mehr unter dem Schutz des britischen Financial Services Compensation Scheme (FSCS) steht", schreibt die Standard Life ihren Kunden.
Hintergrund: Bisher sind die Verträge im Falle einer Insolvenz des Anbieters vom britischen Entschädigungsfonds gesichert. Wird ein Versicherer zahlungsunfähig, springt der Fonds ein und bedient Versicherte weiter. Mit Protektor gibt es eine ähnliche Einrichtung auch in Deutschland. Einen vergleichbaren Entschädigungsfonds für diese Verträge gibt es weder in Irland noch in Luxemburg. Viele Leser fragten bei der Stiftung Warentest nach, ob es ein "Sonderkündigungsrecht" gebe, da nun einseitig Änderungen an den Verträgen vorgenommen wurden. Darauf haben Kunden nach unserem bisherigen Kenntnisstand aber keinen Anspruch, da der Entschädigungsfonds kein Vertragsinhalt war, sondern ein gesetzlich vorgeschriebener Schutz.
Andere Sicherungsmechanismen greifen
Aus Sicht von Standard Life sei der Wegfall aber auch keine deutliche Verschlechterung. Ihre Kunden seien nach irischem Aufsichtsrecht durch ein Sicherungsvermögen geschützt, das getrennt vom Vermögen der Versicherung gehalten werde. Im Falle einer Insolvenz stünden diese Vermögenswerte zunächst Versicherten zu. Zudem gäbe es auch in Irland eine Finanzaufsicht, die Kunden schütze. Weiter habe ein unabhängiger Sachverständiger, der von den britischen Aufsichtsbehörden zugelassen sei, das Vorhaben geprüft. Dieser bestätige die Finanzstärke von Standard Life und halte die Insolvenz für ein "unwahrscheinliches Ereignis".
Gerichtsverfahren Anfang 2019
Ähnliche Analysen mussten auch die anderen Anbieter vorlegen. Denn dem Übertrag muss zunächst ein britisches Gericht zustimmen. Es überprüft, dass die Belange der Versicherungsnehmer gewahrt sind. Die Gerichtstermine sind für das erste Quartal 2019 angesetzt. Bis dahin können Kunden Einwände gegen das Verfahren bei den Anbietern oder beim Gericht selbst erheben. Diese Einwände sollen im Verfahren vorgetragen werden. Ein Sprecher von Standard Life teilte test.de dazu mit: "Alle Einwände, die uns schriftlich oder telefonisch erreichen, werden übersetzt, gebündelt und dem Gericht in Schottland zur Verfügung gestellt." Ein Berichterstatter trage die Einwände vor Gericht vor, damit dieses und die Aufsichtsbehörden die Einwände hören.
Mögliches Problem beim Rentenbezug
Zwar fordern im Internet schon Dienstleister auf: "Schnell vor Brexit kündigen" - doch aus Sicht der Experten von Finanztest besteht dazu kein Anlass. Versicherte sollten gelassen ihre Optionen prüfen (siehe unten). Selbst wenn es irgendwann zu einer Insolvenz käme, wäre das in der Ansparphase wahrscheinlich kein großes Problem. Kunden halten in ihren Policen Anteile an Fonds, die ihnen zustehen. Größere Probleme hätten dagegen Personen, die schon eine Rente beziehen. Denn wenn es keine Versicherung mehr gibt, gibt es auch die Leistung Rente nicht mehr. Rentenbezieher würden mit einer Kapitalzahlung abgefunden. Das Geld könnten sie dann natürlich bei einem deutschen Versicherer wieder in eine lebenslange Rente umwandeln lassen - die gleichen Konditionen werden sie aber vielleicht nicht mehr bekommen.
Quelle: www.test.de