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BGH zum Innenausgleich zwischen Haftpflichtversicherern eines Zugfahrzeuges und eines Anhängers
Der Fall:
Der Sattelauflieger eines Sattelzuges war mit dem Heck ausgeschert und dabei gegen ein im Einmündungsbereich der Straße stehendes Fahrzeug geprallt. Die Zugmaschine war im Unfallzeitpunkt über deren Halterin bei der Klägerin und der Sattelauflieger über dessen (andere) Halterin bei der Beklagten haftpflichtversichert.
Die Klägerin regulierte den am Fahrzeug der Geschädigten entstandenen Sachschaden und verlangte ihre Aufwendungen zur Hälfte von der Beklagten ersetzt.
Die Beklagte verweigerte die Zahlung. Sie berief sich auf A.1.1.5 ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 01-2014). Die Klausel lautete:
"Ist mit dem versicherten Kraftfahrzeug ein Anhänger oder Auflieger verbunden, erstreckt sich der Versicherungsschutz auch hierauf. Der Versicherungsschutz umfasst auch Fahrzeuge, die mit dem versicherten Kraftfahrzeug abgeschleppt oder geschleppt werden, wenn für diese kein eigener Haftpflichtversicherungsschutz besteht. Dies gilt auch, wenn sich der Anhänger oder Auflieger oder das abgeschleppte oder geschleppte Fahrzeug während des Gebrauchs von dem versicherten Kraftfahrzeug löst und sich noch in Bewegung befindet. Soweit für einen unter diesen Punkt fallenden Kfz-Haftpflicht-Schaden bereits durch einen anderen Versicherer Versicherungsschutz geboten wird bzw. Versicherungsleistungen erbracht wurden, ist die hier gebotene Deckung nachrangig und nur subsidiär. Sofern sich der Schaden ausschließlich durch ein Fehlverhalten des Fahrers des Zugfahrzeugs oder die spezifische Betriebsgefahr des Zugfahrzeugs realisiert hat, haften wir im Innenverhältnis nicht gegenüber dem Versicherer des Zugfahrzeugs, wenn für das Zugfahrzeug keine Haftpflichtversicherung bei uns besteht. Diese Regelungen berühren nicht die Haftung im Außenverhältnis bzw. die Deckung nach dem Pflichtversicherungsgesetz."
Die Entscheidung:
Laut BGH konnte die Klägerin von der Beklagten einen Innenausgleich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Mehrfachversicherung verlangen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 VVG ). Eine in den Bedingungen der Haftpflichtversicherung eines versicherungspflichtigen Anhängers vereinbarte Subsidiaritätsklausel führe nicht zu einer umfassenden Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers des Zugfahrzeuges im Innenverhältnis zum Haftpflichtversicherer des Anhängers. Die Klausel stehe daher einem Ausgleichsanspruch aus § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht entgegen.
Dass die Haftpflichtversicherungen eines Zugfahrzeuges einerseits und eines Anhängers andererseits für das aus beiden Fahrzeugen gebildete Gespann eine Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 Abs. 1 VVG begründen, ergibt sich laut BGH unabhängig von den Vereinbarungen der Parteien des Versicherungsvertrages zwingend aus gesetzlichen Vorgaben:
§ 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Anhängers, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zu nehmen. Als mitversicherte Person bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 3 KfzPflVV auch den Fahrer, wobei die Vorschrift nicht zwischen motorisierten Fahrzeugen und Anhängern unterscheidet.
Zugleich hat sich der Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeuges gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KfzPflVV zwingend auf einen mit ihm verbundenen Anhänger oder Auflieger zu erstrecken.
Die Mitversicherung des Fahrers des Anhängers ergab sich in den zwischen der Beklagten und ihrer Versicherungsnehmerin vereinbarten Bedingungen. Mehrfach versichert war daher jedenfalls das Haftpflichtrisiko des Zugmaschinenführers, der - sowohl haftungs- wie versicherungsrechtlich - in Personalunion zugleich dem Anhänger-Haftungsverband als Fahrzeugführer angehörte. Dieses Haftpflichtrisiko hatte sich im vorliegenden Fall auch ausgewirkt. Daran änderte die Subsidiaritätsklausel nichts.
Für Vereinbarungen zwischen dem Haftpflichtversicherer des Anhängers und seinem Versicherungsnehmer, die darauf abzielen, im Innenverhältnis zum Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeuges das Entstehen einer Mehrfachversicherung zu verhindern, gibt es laut BGH keine Grundlage.
Einem einzelnen Versicherer ist es nicht möglich, durch eine Vereinbarung lediglich mit dem Versicherungsnehmer seine Ausgleichspflicht gegenüber einem an dieser Vereinbarung nicht beteiligten anderen Versicherer auszuschließen. Eine derartige Vereinbarung wäre nach Meinung des BGH ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter.