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Mehr Betriebsrente durch Verweigerung der Gesundheitsprüfung? Nein, sagt das Bundesarbeitsgericht
Der Fall:
Der Arbeitnehmer war vom 15.07.2000 bis 31.12.2013 bei der Arbeitgeberin, die die Altersversorgung in Form einer eigenen rückgedeckten Unterstützungskasse in Form eines eingetragenen Vereins durchführte, beschäftigt.
Seit dem 01.01.2014 bezieht der Kläger aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine zunächst befristete - später jedoch unbefristet bewilligte - Rente wegen voller Erwerbsminderung und eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer arbeitgeberfinanzierten Unterstützungskassenzusage. Daneben erhält der Kläger vom Beklagten eine aus einer Entgeltumwandlung resultierende monatliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. zunächst 278,73 EUR.
Die betriebliche Altersversorgung des Unternehmens wurde durch eine (ablösende) Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahre 2007 geregelt. U.a. gab es im Leistungsplan die Option A6 einer Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 500 % der Altersrente. Die Höhe der Versorgungsleistungen richtete sich nach dem Versorgungsbeitrag zum jeweiligen Berechnungsstichtag und nach dem jeweils geltenden Tarif des Rückdeckungsversicherers.
Als Voraussetzung für die Versorgung gab es folgende einschränkende Klausel im Leistungsplan: "Jeder Begünstigte ist verpflichtet, alle für den Abschluss einer Versicherung notwendigen Unterlagen vorzulegen. Er ist zudem verpflichtet, seine Einwilligung zum Abschluss des Versicherungsvertrages nach § 159 II VVG zu erklären, die Gesundheitsfragen des Versicherers zu beantworten und sich ggf. ärztlich untersuchen zu lassen. Die Gewährung von Leistungen nach diesem Leistungsplan ist ausgeschlossen, wenn der Begünstigte seine Mitwirkung bei dem Abschluss oder der Durchführung eines Versicherungsvertrages verweigert."
In der Betriebsvereinbarung war geregelt, dass die gesamte Abwicklung über ein Softwaretool, das den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wurde, erfolgte. Die Software war Bestandteil der Betriebsvereinbarung. Die Beantragung - mit allen Optionen - sollte nur über dieses Tool möglich sein.
Am 13.10.2010 nutzte der klagende Arbeitnehmer das Softwaretool und beantragte eine Entgeltumwandlung i.H.v. 354,00 EUR p.M. zugunsten der Unterstützungskasse und von 100 EUR zugunsten einer Direktversicherung. Die Unterstützungskasse erstellte dazu zum 01.01.2010 einen Leistungsausweis. Die jährliche BU-Rente sollte demnach 12.102,60 EUR betragen. Der Arbeitgeber zog den vereinbarten Umwandlungsbetrag vom Bruttogehalt des klagenden Arbeitnehmers ab dem 01.11.2010 monatlich ab.
Am 31.03.2011 meldete sich per E-Mail der Dienstleister des Unternehmens (F-Gruppe), der die bAV abwickelte und erklärte, dass der Rückdeckungsversicherer am 14.03.2011 geschrieben habe, dass eine Gesundheitsprüfung erforderlich wäre und sandte dem Arbeitnehmer die entsprechenden Gesundheitserklärungen und das Formular "Ärztliches Zeugnis" zu.
Der Arbeitnehmer beantwortete im Folgenden weder die Gesundheitsfragen noch unterzog er sich einer ärztlichen Gesundheitsprüfung, sondern antwortete der F-Gruppe mit E-Mail vom 31.03.2011, dass laut MS Care Broschüre der BU-Schutz "ohne Gesundheitsprüfung, auch bei Vorerkrankungen" und mit bis zu 1.000 EUR monatlicher zusätzlicher BU Versorgung angeboten wurde und das wolle er so wahrnehmen. Im Übrigen wurde der Vertrag online abgeschlossen und die Beiträge würden seit mehreren Monaten vom Gehalt abgezogen.
Es folgte ein reger E-Mail-Schriftverkehr zwischen dem klagenden Arbeitnehmer und dem Dienstleister (F-Gruppe). Schlussendlich beantwortet der Arbeitnehmer nicht die mehrfach angeforderten Gesundheitsfragen.
Für diesen Fall regelte der Leistungsplan, dass nur Leistungen nach der Leistungsoption A1 (u.a. Altersrente/Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit). Letztlich kam eine Rückdeckung nach Leistungsoption A2 mit einer Berufsunfähigkeitsrente zustande. Diese betrug zum 05.07.2013 277,08 EUR.
Als der Arbeitnehmer berufsunfähig wurde, pochte er auf die höhere Leistungsoption A6 und verlangte die Differenz zwischen der bewilligten Rente von 278,73 EUR (ab 01.01.2014) und der ursprünglich beantragten Rente i.H.v. 1.008,55 EUR. Mit Übersendung der Entgeltumwandlungsvereinbarung an die F-Gruppe sei eine Vereinbarung über eine Versicherung nach der Leistungsoption A6 zustande gekommen. Spätestens mit der Einstellung des Leistungsausweises als Download in das Online-Tool habe die Arbeitgeberin seinen Antrag auf Entgeltumwandlung angenommen und gleichzeitig ein individuelles Versorgungsversprechen mit dem Inhalt des Leistungsausweises vom 01.10.2010 erteilt. Die Versorgungszusage sei nicht unter der aufschiebenden Bedingung einer Gesundheitsprüfung zustande gekommen. Eine solche sei nicht erforderlich.
Das Urteil:
Der Pensionssenat wies die Revision des Arbeitnehmers zurück. Er erfülle nämlich die weiteren Voraussetzungen nach dem Leistungsplan nicht, denn er hat die Gesundheitsfragen des Rückdeckungsversicherers nicht beantwortet.
Er hat die Gesundheitsfragen trotz Aufforderung nicht beantwortet. Darin liegt eine Verletzung seiner Mitwirkungspflichten bei Abschluss bzw. Durchführung des Versicherungsvertrages mit der Rückdeckungsversicherung. Diese Verletzung seiner Mitwirkungspflichten nach Betriebsvereinbarung i.V.m. dem Leistungsplan schließt Ansprüche nach dem Leistungsplan aus. Angesichts der eindeutigen Regelungen in der Betriebsvereinbarung und dem Leistungsplan konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die von ihm getroffene Wahl der Leistungsoption A6 mit einer Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos i.H.v. 500 v.H. der Altersrente ohne Beantwortung der Gesundheitsfragen verbindlich sein könnte.
Auch die vom klagenden Arbeitnehmer angeführte Broschüre helfe nicht: Soweit der Kläger gestützt auf die Broschüre MS Care das Konzept geltend macht, dort sei die Möglichkeit beschrieben, eine Berufsunfähigkeitsabsicherung ohne Gesundheitsprüfung auch bei Vorerkrankungen zu erhalten, beziehen sich diese Erläuterungen auf die Möglichkeit des vollständigen Wechsels aus der durch die Betriebsvereinbarung abgelösten arbeitgeberfinanzierten Versorgung. Der Kläger hat weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich, dass ein solcher Wechsel von ihm angestrebt war. Dagegen spricht insbesondere, dass der Kläger neben der auf Entgeltumwandlungen beruhenden Berufsunfähigkeitsrente noch eine aus der arbeitgeberfinanzierten Versorgungszusage erhält.
Fazit:
Wenn der Leistungsfall eintritt, überprüfen Betroffene gerne intensiv alle Verträge. Denn "mehr Geld ist besser als weniger Geld". Daher sollten Arbeitgeber und Unterstützungskassen ihre Unterlagen und Vorgehensweise sehr genau überprüfen, damit sie einer gerichtlichen Überprüfung wie im vorliegenden Fall auch standhalten.