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BGH: Nutzungsausfallentschädigung für gewerblich eingesetzte Kraftfahrzeuge?
Der Fall:
Der Kläger betrieb ein Beton- und Natursteinwerk. Er begehrte von der Beklagten, einer Nutzfahrzeugwerkstatt, aufgrund eines Werkvertrages Schadenersatz für die Folgen eines Motorschadens an seinem Kipplader mit Kran. Infolge des Motorschadens, der durch eine von der Beklagten mangelhaft durchgeführten Reparatur hervorgerufen wurde, konnte der Kläger das Fahrzeug für längere Zeit nicht nutzen. Es stand ihm zeitweilig ein mit einem Kran nachgerüsteter Ersatz-Lkw zur Verfügung.
Der Kläger begehrte u.a. Schadenersatz für den zeitweiligen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit des Kippladers mit Kran. Er habe einen Mehraufwand für Montagearbeiten gehabt, der dadurch entstanden sei, dass normalerweise durch den Kran erbrachte Be- und Entladungen von Material sowie Haltearbeiten nun hätten händisch erfolgen müssen. Einzelne Transporte habe er durch eine Drittfirma durchführen lassen.
Außerdem begehrte der Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung. Letztere wurde seitens der Beklagten abgelehnt.
Die Entscheidung:
Der BGH entschied, dass die Ablehnung einer Nutzungsausfallentschädigung rechtens war.
Der durch den Mangel hervorgerufene, zeitweilige Entzug der Gebrauchsmöglichkeit des Kippladers mit Kran im fraglichen Zeitraum war mit einer fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung einhergegangen, die durch die einzelnen, fremdvergebenen Transporte nicht beseitigt wurde. Der Kläger konnte den Kipplader mit Kran weder für Be- und Entladevorgänge noch als Arbeitsgerät nutzen. Sein Ausfall musste durch zusätzliche körperliche Arbeiten der Mitarbeiter kompensiert werden.
Anerkannt ist, dass der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeuges einen Schaden darstellen kann, wenn der Ausfall mit einer fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung einhergeht.
Der Schaden bemisst sich regelmäßig nach den Mietkosten eines Ersatzfahrzeuges, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeuges oder dem entgangenen Gewinn. Dem Geschädigten, der trotz Nutzungswillens und hypothetischer Nutzungsmöglichkeit sein Fahrzeug nicht erwerbswirtschaftlich einsetzen kann, wird deshalb zugestanden, zulasten des Schädigers ein Ersatzfahrzeug anzumieten, um den Ausfall zu kompensieren und Erwerbsschäden zu vermeiden. Macht er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann er nach § 251 Abs. 1 BGB eine Entschädigung in Geld für die wirtschaftliche Beeinträchtigung verlangen, die er durch den Entzug der Nutzungsmöglichkeit erlitten hat.
Verfügt der Geschädigte über ein Reservefahrzeug und kann er den Verlust durch Rückgriff auf diese Betriebsreserve auffangen, kann er i.d.R. die Vorhaltekosten des Reservefahrzeuges als Schadenersatz ersetzt verlangen. Anderenfalls hat er Anspruch auf Ersatz des ihm durch den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit entstehenden Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns (§ 252 Satz 1 BGB).
In Fällen, in denen das ausgefallene Fahrzeug unmittelbar der Erbringung gewerblicher Transportleistungen dient, wie etwa ein Taxi oder ein Lastkraftwagen eines Fuhrunternehmens, muss der Geschädigte den durch den Ausfall entgangenen Gewinn konkret darlegen.
Lassen sich die materiellen Auswirkungen des Ausfalles des Fahrzeuges quantifizieren, kann eine (abstrakte) Nutzungsausfallentschädigung - so der BGH - nicht verlangt werden. Das gilt unabhängig davon, ob das ausgefallene Fahrzeug unmittelbar der Gewinnerzielung dient, weil der Ertrag allein mit Transportleistungen erzielt wird, oder nur mittelbar, nämlich zur Unterstützung einer anderen gewerblichen Tätigkeit eingesetzt wird.
Der Betriebsbereitschaft eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeuges, also seiner ständigen Verfügbarkeit und Einsatzfähigkeit, kommt kein eigenständiger Vermögenswert zu, weshalb der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit als solcher kein Schaden ist. Der Geschädigte kann für die Gebrauchsentbehrung keine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung verlangen.