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Berufsunfähigkeitsversicherung: Verschwiegener Arztbesuch nicht immer arglistig
Der Fall:
Der Versicherungsnehmer war Schornsteinfeger. Zwecks Beantragung einer Kur suchte er seine Hausärztin auf, die ihm ein Erschöpfungssyndrom, ein Burnout-Syndrom sowie Schlafstörungen attestierte.
Etwa ein Jahr später schloss der VN eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab, ohne bei Antragsstellung diesen Arztbesuch anzugeben. Die Frage, ob er in den letzten fünf Jahren untersucht, behandelt oder beraten worden sei, verneinte er. Schließlich begab er sich in stationäre Behandlung in ein Reha-Zentrum für Psychosomatik.
Nachdem er auf seinen Antrag hin in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, beantragte er bei seinem Versicherer aufgrund einer depressiven Störung und Höhenangst Leistungen wegen Berufsunfähigkeit.
Der Versicherer lehnte Zahlungen ab. Er erklärte den Rücktritt vom Vertrag sowie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aufgrund falscher Angaben im Versicherungsantrag.
Die Entscheidung:
Das OLG entschied, dass keine wirksame Anfechtung des Versicherungsvertrages vorlag. Der Versicherer hatte den ihm obliegenden Nachweis eines arglistigen Verschweigens nicht führen können.
Die Frage des Versicherers nach Behandlungen und Untersuchungen in den letzten fünf Jahren hatte der VN objektiv wahrheitswidrig verneint. Darin lag eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung gemäß § 19 Abs. 1 VVG. Das OLG bezweifelte jedoch, dass der Versicherte den Arztbesuch verschwieg, um den Vertragsschluss zu beeinflussen. Der VN hatte dem Arztbesuch - so das Gericht - keine hinreichende Relevanz zugemessen, da es bei diesem nur um die Erlangung einer Bescheinigung für eine Familienkur auf Kosten des Rentenversicherungsträgers gegangen war. Dieser Umstand stand einer Arglist seitens des VN entgegen.
Das OLG verneinte auch das Vorliegen eines wirksamen Vertragsrücktritts. Damit der Versicherer infolge einer Anzeigepflichtverletzung vom Versicherungsvertrag zurücktreten kann, muss er laut § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG den VN durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hinweisen.
Das Gericht monierte, dass der Hinweis auf die Rechtsfolgen hier nicht als gesondertes Schriftstück, sondern im Rahmen des Antragsformulars als sogenannte "Doppelbelehrung" erteilt worden war. Bei einer solchen hat der Versicherer unmittelbar im räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen unübersehbar auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung allgemein hinzuweisen und diese an einer genau bezeichneten Stelle im Einzelnen zu erläutern.
Im vorliegenden Fall wurde die Stelle, an der sich die Erläuterung befand, nicht angegeben. Ferner war die Belehrung drucktechnisch nicht so gestaltet, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhob. Der VN konnte diese übersehen. Die Hinweise waren zwar teils fett gedruckt. Sie unterschieden sich aber in ihrer übrigen Gestaltung nicht vom weiteren Text.