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Dienstag, 24.09.2019

Der Steuer-GAU und Pensionszusagen: Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Der Fall:

Nach § 6a Abs. 6 EStG darf eine Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz nur gebildet werden, wenn und soweit ... (Ziffer 2) die Pensionszusage ... keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist.

Die Versorgungsordnung enthielt allerdings einen Vorbehalt: Die Transformationstabelle und der Zinssatz konnten einseitig vom Arbeitgeber ersetzt werden. Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren GmbH & Co. KG. Die KG hatte im Jahr 2003 eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt, und zwar mit Entgeltumwandlung in Form der Direktzusage. Die Betriebsvereinbarung (im Folgenden: VO 2003) war zunächst bis zum 31.12.2008 befristet, wurde allerdings später verlängert.

Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer "Transformationstabelle" (beruhend auf einer dort nicht genannten mathematischen Formel, unter Berücksichtigung einer Verzinsung und biometrischer Faktoren) abgeleitet werden können. Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 enthält folgenden Vorbehalt:

"Die vorstehende Transformationstabelle und der in Ziffer III 1.2 und IV.2.1. genannte Zinssatz können seitens der KG einseitig durch eine nachfolgende Transformationstabelle ersetzt werden; dabei ist das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten. Die Ersetzung ist erstmals möglich mit Ablauf des 31.12.2007. Sie hat auch Wirkung für bereits bestehende, über den 31.12.2007 hinaus gehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen. Der nachfolgende Zinssatz und die nachfolgende Transformationstabelle sind Grundlage aller Versorgungsbausteine, die zum Zeitpunkt der Ersetzung noch nicht zugeteilt wurden. Soweit Versorgungsbausteine bereits zugeteilt wurden, sind der zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Zinssatz sowie die zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Transformationstabelle maßgeblich."

Ab 01.11.2011 wurde die Änderungsklausel gestrichen. Da hatte allerdings die Fachprüfung für Versorgungsrückstellungen des Betriebsstättenfinanzamtes die Versorgungsordnung und die Rückstellung nach § 6a EStG schon beanstandet. Vor dem Finanzgericht ging es nun darum, ob eine Rückstellung nach § 6a EStG gebildet werden durfte oder nicht.

Das Urteil:

Die Richter gaben der Finanzverwaltung Recht - und fanden sogar zwei Gründe, warum die Rückstellungsbildung nach § 6a EStG nicht möglich ist.

1. Steuerschädlicher Vorbehalt

Nach Auffassung des FG Düsseldorf enthielt nach dem Sachverhalt die Pensionszusage klar einen Vorbehalt, der in der Anwartschaftsphase grundsätzlich zum Verbot der steuerlichen Pensionsrückstellung. Eine Ausnahme bilden Tatbestände, bei denen eine Änderung nach "billigem Ermessen" zulässig ist. Es geht um ein billiges Ermessen gemäß § 315 BGB. In den Einkommenssteuer RL sind die wesentlichen steuerunschädlichen Vorbehalte aufgezählt, z.B. eine Änderung, wenn sich die maßgebenden Verhältnisse verschlechtern, z.B. wegen der nachhaltigen Verschlechterung der Lage des Unternehmens.

Dies war im Streitfall nach Auffassung des FG nicht gegeben. Dem Arbeitgeber ist nach der Versorgungsordnung die einseitige Änderung bzw. Ersetzung der Transformationstabelle gestattet ungeachtet der Ausgangssituation oder Motivation. Die Maßnahme liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers. Auch der Zusatz in der Versorgungsordnung, dass das im BetrAVG für die Entgeltumwandllung normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten sei, ändert daran nichts. Denn darin liegt keine echte Beschränkung des Arbeitgeberermessens - es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der für den Arbeitnehmer nicht eindeutig und vorhersehbar ist. Dieser Rechtsbegriff hängt von einer zusätzlichen arbeitsrechtlichen Wertung ab.

Der Knackpunkt ist: Steuerrecht ist nicht abhängig vom Arbeitsrecht. Der in der Versorgungsordnung so bestimmte Vorbehalt ist selbst dann nicht steuerlich unschädlich, wenn er arbeitsrechtlich nicht wirksam bzw. nicht durchsetzbar sein sollte. Es ist nach Auffassung der Richter nicht Aufgabe des Steuerrechts, danach zu differenzieren, ob ein Widerrufsbehalt nach geltendem Arbeitsrecht wirksam oder nicht wirksam ist. Der § 6a EStG ist eine eigenständige steuerliche Regelung, für die lediglich der Wortlaut der Zusage maßgeblich ist - unabhängig von der tatsächlichen, arbeitsrechtlichen Wirkung. Damit sieht sich das FG auf einer Linie mit einer nicht veröffentlichten Entscheidung des BFH (14.05.2013 - I R 6/12).

2. Verstoß gegen das Schriftformerfordernis/Eindeutigkeit

Darüber hinaus sah der erkennende Senat des Finanzgerichts auch einen Verstoß gegen das Gebot der Schriftlichkeit und Eindeutigkeit nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Für die steuerliche Anerkennung der Pensionsrückstellung und ebenso für in Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklauseln sind auch Angaben für die versicherungsmathematische Ermittlung der Höhe der Versorgungsverpflichtung (Rechnungszinsfuß, Ausscheidewahrscheinlichkeiten usw.) schriftlich festzulegen, sofern es zur eindeutigen Ermittlung der in Aussicht gestellten Leistungen erforderlich ist. Diesen Anforderungen genügt die Versorgungsordnung 2003 nicht, weil in ihr die Grundlagen der Transformationstabelle nicht offen gelegt sind.

Auch hier war der GAU zu konstatieren: Der BFH hat mit Urteil vom 14.05.2013 - I R 6/12 für eine Versorgungszusage offen gelassen, ob der der Verrentung zugrunde zu legende Rechnungszinsfuß exakt angegeben werden muss und ob es ausreicht, wenn die Regelungen des Leistungsplans nicht in die Zusage aufgenommen sind, aber von den Arbeitnehmern eingesehen werden können. Selbst Letzteres konnte hier nicht festgestellt werden; der Prüfer hatte derartige Unterlagen nicht aufgefunden. Vorliegend war zwar der Zinssatz (jedenfalls bis 31.12.2007) mit 5 % beziffert. Außerdem hatten die Arbeitnehmer jährlich Zwischenbescheide über den aktuellen Stand der Altersversorgung erhalten. Indes waren weder hier noch in der Versorgungsordnung 2003 selbst die Grundlagen der Transformationstabelle offen gelegt und/oder die Berechnung der Versorgungsbausteine überprüfbar aufgeschlüsselt. Die Zwischenbescheide standen zudem ausdrücklich unter dem Vorbehalt der bei Eintritt des Leistungsfalles gültigen Versorgungsregelung. Über Jahre hinweg - konstatieren die Richter - fehlte die Eindeutigkeit.

Fazit:

Die Richter hatten zwei Steilvorlagen, um die Rückstellungsbildung nach § 6a EStG zu versagen: Verstoß gegen das Schriftformerfordernis/Eindeutigkeit und ein steuerschädlicher Vorbehalt. Hat das Urteil in der Revision bestand, so wird das sehr, sehr teuer für das Unternehmen, das dann für die beanstandeten Zeiträume die Rückstellungen in der Steuerbilanz gewinnerhöhend auflösen muss.

Unternehmen mit beitragsorientierten Leistungszusagen (Entgeltumwandlung oder Arbeitgeberfinanzierung), die Transformationstabellen, also Umrechnungstabellen, die nach bestimmten Rechnungsgrundlagen den Beitrag in eine Leistung umrechnen, oder die Vorbehalte in der Zusage haben, tuen gut daran, nach den Grundsätzen dieses Urteils ihre Pensionszusagen zu überprüfen. Die Revision beim Bundesfinanzhof ist anhängig, aber die Richter des Finanzgerichts haben mögliche Schwachstellen in Versorgungsordnungen deutlich gemacht.

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