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"Maßgebliche Gründe" für eine Prämienanpassung in der PKV
Der Fall:
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. In der Vergangenheit erfolgten mehrfache Prämienerhöhungen, jeweils zum 01.04. des Kalenderjahres. Namentlich wurden die Beiträge in den Jahren 2015 bis 2018 erhöht aber auch schon zuvor seit 2009.
Der Kläger trug u.a. vor, die Prämienerhöhungen seit 2009 seien deswegen nicht rechtmäßig gewesen, weil ihm die maßgeblichen Gründe für die Prämienerhöhungen entgegen § 203 Abs. 5 VVG nicht mitgeteilt worden seien. Zur Erfüllung dieser Informationspflicht sei es notwendig, dass mitgeteilt werde, welche der in § 203 Abs. 2 Satz 3 VVG bezeichneten Rechnungsgrundlagen sich in welcher Höhe (bezogen auf den jeweiligen Tarif und die für den Versicherungsnehmer maßgebenden Beobachtungseinheit) geändert habe.
Der Kläger verlangte, dass sämtliche von der Beklagten vorgenommenen Prämienerhöhungen in dem Zeitraum vom 01.04.2009 bis 30.03.2015 abzurechnen und an den Kläger zurückzuzahlen seien.
Die Entscheidung:
Das Gericht wies die Klage ab. Soweit der Kläger geltend machte, einer wirksamen Prämienerhöhung zu den von der Beklagten beabsichtigten Zeitpunkten stehe die Nichterfüllung der Informationspflichten des § 203 Abs. 5 VVG entgegen, ging diese Argumentation fehl.
Die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach den Absätzen 2 und 3 des § 203 VVG werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt (§ 203 Absatz 5 VVG).
Die Beklagte hatte dem Kläger die maßgeblichen Gründe mitgeteilt. Unter den maßgeblichen Gründen sind laut Gericht nicht unterschiedslos alle - einschließlich der materiell untergeordneten - Gründe, sondern nur die wesentlichen, also wichtigsten Gründe zu verstehen. Das sind diejenigen Gründe, die die Rechtsposition des Versicherungsnehmers am stärksten verändern. Dazu zählen z.B. die Veränderung derjenigen Rechnungsgrundlagen, die die Prämienanpassung überhaupt erst ausgelöst haben, aber auch eine Absenkung des Rechnungszinses sowie deren Verteilung auf mehrere Jahre.
Die genaue Zusammensetzung der Prämienänderung ist dem Versicherungsnehmer nach Meinung des Gerichts nicht mitzuteilen. Der Versicherer muss daher nicht aufschlüsseln, inwieweit die einzelnen Rechnungsgrundlagen zur Prämienänderung beigetragen haben. Denn hierbei handelt es sich um Geschäftsgeheimnisse, die der Versicherer nur in einem Rechtsstreit vorzulegen hat, wenn das Gericht entsprechende Maßnahmen zur Sicherung der Geheimhaltung anordnet.
Müsste der Versicherer diese Unterlagen bereits im Rahmen der Mitteilung nach § 203 Absatz 5 VVG vorlegen, würde er nicht den Schutz der in einem Prämienprozess angeordneten gerichtlichen Maßnahmen genießen. Damit würde das staatliche Sanktionsmonopol unterlaufen.
Die Beklagte hatte dem Kläger jeweils ausführliche Informationen zum Anlass der jeweiligen Prämienerhöhungen zukommen lassen und namentlich stets darauf hingewiesen, dass sich die Rechnungsgrundlage "Versicherungsleistungen" (vgl. § 203 Abs. 2 Satz 3 VVG) im jeweiligen Bezugszeitraum geändert hatte. Hierbei wurden sogar konkrete und nachvollziehbare Beispiele genannt. Mehr konnte nach Ansicht der Richter nicht gefordert werden.