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Altersvorsorge 
Mittwoch, 11.09.2019

Bundesverfassungsgericht: Altershöchstgrenzen bei Betriebsrenten sind nicht immer diskriminierend

Der Fall:

Die Beschwerde richtete sich gegen eine Altershöchstgrenze von 50 Jahren für die Aufnahme in ein betriebliches Altersversorgungssystem. Die Arbeitnehmerin war mit der Geburt eines Kindes zunächst aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und nahm dann im Alter von 51 Jahren und vier Monaten erstmals wieder eine Erwerbstätigkeit auf. Bei ihrem Arbeitgeber bestand für die Beschäftigten aufgrund eines Leistungsplans ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch die Unterstützungskasse, wenn sie dort mindestens zehn Jahre anrechenbar tätig waren und bei Aufnahme der Tätigkeit das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet war. Dienstjahre nach dem vollendeten 60. Lebensjahr wurden nicht mehr angerechnet. Da die Beschwerdeführerin bei Aufnahme der Tätigkeit das 50. Lebensjahr überschritten hatte, lehnte die Unterstützungskasse einen Versorgungsanspruch nach Renteneintritt ab.

Verfahrensverlauf:

Die Arbeitsgerichte haben einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Versorgung zurückgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht stützte seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass die mittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und Satz 2, Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt sei.

Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da sie aufgrund der Altersgrenze Nachteile erleide, was nicht zu rechtfertigen sei. Zudem liege eine mittelbare Benachteiligung von Frauen (Art. 3 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG) gegenüber Personen, die keine Kinder hätten (Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG), vor. Die typisierende Betrachtung des Bundesarbeitsgerichts, das von einem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung schon vor Vollendung des 50. Lebensjahres ausgehe, entbehre jeder Grundlage.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts:

Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, §92 BVerfGG entsprechend begründet. Es liegt keine Altersdiskriminierung vor und die Vorinstanzen haben rechtsfehlerfrei entschieden.

1. Jedenfalls für den vorliegenden Fall ergibt sich aus den Darlegungen nicht, dass die Arbeitsgerichte die Bedeutung und Tragweite des Art. 3 GG(Diskriminierungsverbot) in der Beurteilung der Altersgrenze von 50 Jahren im Leistungsplan der betrieblichen Alterssicherung verkannt hätten.

2. Zwar kann eine staatliche Regelung, die Rentenansprüche an das Alter und an eine Mindestbetriebszugehörigkeit knüpft, gegen die Vorgaben zur Gleichbehandlung verstoßen, die sich aus Art. 3 GG ergeben. Insofern ist der Schutz vor einer Ungleichbehandlung, die unmittelbar und ausdrücklich oder aber mittelbar tatsächlich an das Geschlecht anknüpft, aus Art. 3 Abs.2, Abs. 3 Satz 1 GG von Bedeutung.

3. Ungeachtet dessen, inwieweit vorgenannte Maßstäbe in privatrechtliche Verhältnisse Geltung beanspruchen können, ist nicht erkennbar, dass diese Maßgaben hier verkannt worden wären. Die Gerichte durften hier insbesondere davon ausgehen, dass hinsichtlich des grundsätzlichen Anspruchs auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung keine Anhaltspunkte für eine mittelbare Diskriminierung von Frauen durch die hier anwendbare Regelung vorlagen. Ausweislich der vorgelegten statistischen Daten war die Beschwerdeführerin durch die insoweit neutral gefasste Regelung zur Altershöchstgrenze keinem tatsächlich an das Geschlecht anknüpfenden höheren Risiko als Männer ausgesetzt, von dem hier anwendbaren betrieblichen Altersversorgungssystem gänzlich ausgeschlossen zu sein. Der Ausschluss traf alle, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres ihre Erwerbstätigkeit aufnahmen. Die Daten zeigen, dass Mütter vielfach wieder - wenn auch überwiegend nur in Teilzeit - erwerbstätig werden, wenn ihre Kinder eine Betreuungseinrichtung besuchen, und mehrheitlich wieder erwerbstätig werden, wenn ihre Kinder die Grundschule besuchen.

Hier war das Kind der Beschwerdeführerin bei ihrem Wiedereintritt in das Erwerbsleben bereits 25 Jahre alt und hatte eine Ausbildung abgeschlossen.

Auch unter Berücksichtigung ihres Rechts aus Art. 6 Abs. 1 GG auf selbstbestimmte Gestaltung des Familienlebens ist damit nicht erkennbar, dass sie die allgemeine Anforderung, zur Erlangung von Rentenansprüchen vor Vollendung des 50. Lebensjahres wieder erwerbstätig zu werden, in Grundrechten verletzen würde.

4. Auch die Rüge der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG greift nicht durch. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat das Bundesarbeitsgericht auch Art. 21 Abs. 1 GRCh (Grundrechtscharta) hinreichend beachtet. Die Auseinandersetzung mit dem Unionsrecht (hier: RL 2000/78/EG) einschließlich der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt insoweit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine willkürfreie Entscheidung. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mittlerweile auch ausdrücklich erklärt, dass Ziele, die im Rahmen von Beschäftigungspolitik und Sozialschutz einen Ausgleich zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um eine betriebliche Altersversorgung zu gewährleisten, als im Allgemeininteresse liegende Ziele im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG angesehen werden können, der den Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung konkretisiert, und insoweit auch Regeln zur Betriebstreue jedenfalls unter bestimmten Bedingungen zu rechtfertigen sind.

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