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Recht 
Dienstag, 10.03.2020

BGH zum Anspruch auf Beseitigung herüberragender Zweige und Äste

Der Fall:

Die Parteien waren Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück des Beklagten stand im vorderen, zur Straße gelegenen Bereich an der gemeinsamen Grenze u.a. eine Douglasie. Deren Äste ragten in einer Höhe von mindestens 3 Meter im Mittel 5,4 Meter auf das Grundstück der Klägerin herüber. Nadeln und Zapfen fielen auf die dort angelegte Grundstückseinfahrt. Mit der Klage verlangte die Klägerin von dem Beklagten den Rückschnitt der überhängenden Äste und Zweige der Douglasie.

Die Entscheidung:

Der BGH stützte die Rechtsposition der Klägerin und hielt grundsätzlich Folgendes fest:

Nach § 910 Abs.1 Satz 2 BGB kann der Eigentümer eines Grundstückes herüberragende Zweige abscheiden, wenn er dem Besitzer des Nachbargrundstückes eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt. Er kann auch nach § 1004 Abs. 1 BGB von dem Nachbarn die Beseitigung der Zweige verlangen.

Das Selbsthilferecht des Eigentümers aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt einen solchen Beseitigungsanspruch nicht aus. Beide Möglichkeiten bestehen gleichrangig nebeneinander.

Das Selbsthilferecht ist, wie auch der Beseitigungsanspruch, nach dem Wortlaut des § 910 Abs. 2 BGB nur ausgeschlossen, wenn die Zweige die Benutzung des Grundstückes nicht beeinträchtigen.

Die Vorschrift erfasst nicht nur die unmittelbar durch den Überhang hervorgerufene Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung, wie sie in der Berührung des Wohnhauses oder in der Gefahr des Abbruchs liegen kann. § 910 BGB unterscheidet nämlich nicht nach der Art der Beeinträchtigung. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, den Nachbarn vor der Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung durch Überhang zu schützen, lässt sich entnehmen, dass das Selbsthilferecht und der Beseitigungsanspruch sich nur auf den unmittelbar beeinträchtigenden Überwuchs beziehen und bei einer mittelbaren Beeinträchtigung ausgeschlossen sein sollen.

Ob der Eigentümer eines Grundstückes vom Nachbargrundstück herüberragende Zweige ausnahmsweise dulden muss, bestimmt sich - vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Beschränkungen eines Rückschnittes - allein nach § 910 Abs. 2 BGB.

Dass für Laub und Nadeln, die von herüberragenden Zweigen abfallen, mit § 910 Abs. 2 BGB ein strengerer Maßstab gilt als für Laub- und Nadelabfall, der von einem auf dem Nachbargrundstück stehenden Baum ausgeht, findet seine Rechtfertigung laut BGH darin, dass der Nachbar die Äste über die Grenzen seines Grundstückes herauswachsen lässt. Damit entspricht die Nutzung des Grundstückes nicht ordnungsgemäßer Bewirtschaftung.

Von den herüberragenden Ästen der Douglasie waren Nadeln und Zapfen in einem Umfang von ca. 480 Liter pro Jahr auf die Garageneinfahrt der Klägerin gefallen und hatten diese verunreinigt. Das stellte eine objektive Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar. Sie konnte nicht als gänzlich unerheblich angesehen werden, sodass es keiner Entscheidung bedurfte, ob in einem solchen Fall eine Duldungspflicht bestehen könnte.

Es fehlte auch nicht an der Störereigenschaft des Beklagten. Dieser war Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil er es zugelassen hatte, dass Zweige der Douglasie über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen waren und zu den benannten Beeinträchtigungen führten. Der Eigentümer muss nämlich dafür Sorge tragen, dass die Zweige eines Baumes oder eines Strauches nicht über die Grenzen seines Grundstückes hinauswachsen.

Die Störereigenschaft des Beklagten entfiel schließlich auch nicht deshalb, weil er durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung der Stadt rechtlich gehindert gewesen sein könnte, den von der Klägerin erstrebten Rückschnitt der Äste der Douglasie vorzunehmen.

Zwar kann das öffentliche Naturschutzrecht, auch Landes- und Gemeinderecht, dazu führen, dass die Ausübung des Selbsthilferechts aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB gehindert bzw. der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht durchgesetzt werden kann. Die Verbote wirksamer Baumschutzsatzungen sind auch von dem Nachbarn hinzunehmen. Naturschutzrechtliche Verbote stellen indessen die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht infrage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann.

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